Die französische Azura-Gruppe, ein Produzent von Agrar- und Aquakulturprodukten in der besetzten Westsahara und Marokko, hat eine bemerkenswert politische Haltung eingenommen – sie lobt offen Marokkos „nationale Sache” und „territoriale Integrität”.
Foto: Porträt des marokkanischen Königs in El Aaiún, besetzte Westsahara. @Maria Klenner
Wie rechtfertigt ein Unternehmen seine Tätigkeit in einem besetzten Gebiet und behauptet gleichzeitig, grundlegenden Menschenrechte zu achten?
Von Unternehmen, die in Konfliktgebieten tätig sind, wird erwartet, dass sie internationale Rahmenwerke wie die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) befolgen. Diese verlangen einen konfliktsensiblen, rechtsbasierten Ansatz, der auf der Achtung des Völkerrechts beruht. Die Azura-Gruppe liefert jedoch ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie man es nicht machen sollte.

In einer Pressemitteilung à la Borat vom 2. November 2025 mit dem Titel „Die Azura Group würdigt Seine Majestät König Mohammed VI., möge Gott ihn preisen, nach einem historischen Tag für unsere nationale Sache” bezeichnet das Unternehmen den Konflikt als „künstlich” und lobt die „territoriale Integrität” Marokkos.
Hier finden Sie die Erklärung auf LinkedIn (Download hier) und Facebook (Download hier).
Der Ton unterscheidet sich nicht von den offiziellen Verlautbarungen der marokkanischen Regierung. Dies steht in direktem Widerspruch zu den UNGP, die Neutralität, verstärkte Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschenrechte und die Achtung des Selbstbestimmungsrechts betonen – insbesondere in illegal besetzten oder von Konflikten heimgesuchten Gebieten.
In einem auf dem Facebook-Account von Azura geposteten Video sind junge Männer mit marokkanischen Flaggen und Porträts des Königs auf der Straße zu sehen – zusammen mit Plakaten von Azura (Download Video hier). „Die Jugend von Azura feiert die Entscheidung der UNO, die die Souveränität Marokkos über die Sahara bestätigt”, heißt es dort.

Trotz dieser offen politischen Haltung ist Azura von der Alliance for Water Stewardship (AWS) als verantwortungsbewusst zertifiziert.
AWS verlangt die Einhaltung der marokkanischen Gesetzgebung – genau der Rechtsrahmen, den Azura feiert. Das Programm erkennt nicht an, dass die Westsahara nach internationalem Recht nicht zu Marokko gehört, und geht auch nicht auf das Selbstbestimmungsrecht des sahrauischen Volkes ein. Die Standards heben den rechtlichen Status des Gebiets praktisch vollständig auf.
Azura behauptet in seiner Erklärung fälschlicherweise, dass die Resolution des UN-Sicherheitsrats vom 31. Oktober 2025 den Autonomievorschlag Marokkos als „Grundlage“ für die Lösung des Konflikts bezeichnet. Das ist nicht der Fall. Azura erwähnt nicht, dass der Rat auf das Selbstbestimmungsrecht des sahrauischen Volkes Bezug nimmt.
Das Unternehmen stützt sich außerdem stark auf die offizielle marokkanische Terminologie: „der künstliche Konflikt um die marokkanische Sahara”; „südliche Provinzen”; „territoriale Integrität des Königreichs”.
Diese Ausdrücke gehören eindeutig zum politischen Vokabular Marokkos – und nicht in die Kommunikation eines angeblich neutralen multinationalen Unternehmens.
Die Landwirtschaft von Azura befindet sich in dem Teil der Westsahara, den Marokko 1979 unter Verurteilung durch die UNO illegal besetzt hat. Die Bezeichnung des Konflikts als „künstlich“ ist Teil der offiziellen marokkanischen Propagandaterminologie.
WSRW hat sich 2024 schriftlich an die Azura Group gewandt, jedoch bislang keine Antwort erhalten. WSRW hat sich am 6. Dezember 2024 schriftlich an die Alliance for Water Stewardship und am 1. Juli 2025 an die zugehörige Zertifizierungsstelle WSAS gewandt, jedoch bislang keine Antwort erhalten.
Es kommt nicht oft vor, dass WSRW auf so tiefgreifende und unverblümte politische Positionen zur Unterstützung der illegalen Besatzung stößt. Eine Ausnahme bildet ein anderes französisches Unternehmen, HDF Energy.

Da Sie schon einmal hier sind...
Die Recherchen von WSRW werden mehr denn je gelesen und genutzt. Unsere Arbeit ist zum überwiegenden Teil ehrenamtlich, sie erfordert Zeit, Hingabe und Sorgfalt. Aber wir tun sie, weil wir glauben, dass sie wichtig ist - und wir hoffen, dass Sie das auch tun. Mit einer kleinen monatlichen Unterstützung können Sie einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Zukunft von WSRW zu sichern und dafür sorgen, dass wir weiterhin unseren komplett unabhängigen Recherchen nachgehen können.
Eine regelmäßige Spende können Sie hier einrichten. Vielen Dank!
Der französische Obst- und Gemüselieferant Sofruce hat nach einer Überprüfung falsche territoriale Angaben und Zertifikatsverweise gelöscht.
Das deutsche Zertifizierungssystem, das sich für die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften einsetzt, hat irreführende Informationen über die EU-Kennzeichnungsvorschriften für Produkte aus der besetzten Westsahara verbreitet.
Die Zertifizierungsgsunternehmen LSQA hat alle Aktivitäten in der Westsahara eingestellt. Es hatte zuvor marokkanische Produzenten zertifiziert, die in dem besetzten Gebiet tätig waren.
Das deutsche Zertifizierungssystem für verantwortungsbewusste Landwirtschaft bezeichnet die von marokkanischen Siedler:innen auf besetztem Land betriebene Landwirtschaft als „verantwortungsbewusst“.